Magdalena Jetelová

Ausstellungen 1988 Magdalena Jetelová “Das Leichte und das Schwere”

„Das Leichte und das Schwere“
Skulptur von Magdalena Jetelová

Produktionsleitung Peter Homann
Texte Interview Peter Homann

Auftragsarbeit
7. Juli bis 28. August 1988
Hamburger Kunsthalle, Rotunde

Magdalena Jetelová Ausstellung

Die Prager Bildhauerin Magdalena Jetelová lebt seit 1985 in der Bundesrepublik. Spätestens seit der letzten documenta verbindet man mit ihrem Namen aus Holz gebaute Objekte. Vom Festival der Frauen eingeladen, arbeitete sie auf dem Kampnagelgelände an einer Rauminstallation für die Rotunde der Kunsthalle. Zwischen die Säulen, die sie als eine historische Inszenierung versteht, stellt Magdalena Jetelová eine gestürzte Fläche aus Holz und schließt den Raum durch eine transparente Projektionsfläche. Wechselnde Projektionen bilden eine Gegenposition zu Materialität und Eigengewicht.

Magdalena Jetelová (geb. 1946 Semily, Tschechoslowakei)
Studierte von 1961-65 Bildhauerei in Prag und 1967/68 an der Accademia di Brera, Mailand; 1985 Übersiedlung in die Bundesrepublik; 1986 Phillip-Morris-Preis; 1987 Kunstpreis Glockenstraße.

Über Tisch, Stuhl, den Dialog und das Monument

Es geht mir nicht darum, Monumente zu bauen. Das ist nicht meine Absicht. Eine sprachlose Gesellschaft baut sich selbst ein Monument nach dem anderen und arbeitet an sich selbst als Monument. Die Dimension der Dinge ändert sich aber, sobald die Dinge und der Mensch ungewohnte Dialoge eingehen. Von Tisch und Stuhl kann dann keine Rede mehr sein. Dabei entstehen ganz andere Gefühle und Erlebnisse. Ich will die Energie zeigen, die in den ganz gewöhnlichen Verhältnissen von Dingen steckt.

Über die Energie im Raum

Die Energie im Raum interessiert mich sehr. Die Rotunde in der Kunsthalle, zum Beispiel, ist scheinbar axial gebaut und insgesamt eine historische Inszenierung. Statik und Achsen sind mehr Scheinbild als Realität. In diese Kulisse stelle ich eine gestürzte Fläche, die ihr Eigengewicht und ihre Materialität hat. Der Raum wird außerdem durch eine transparente Projektionsfläche geschlossen. Die wechselnden Projektionen zeigen eine Gegenposition zur Materialität.

Über das Leichte und das Schwere

Es geht mir um keine politische Aussage, sondern um Allgemeineres, das jeder in seinem Alltag erleben kann. Ich finde wichtig, die Aufmerksamkeit auf das Denken und Machen und was sich dazwischen abspielt zu lenken, auf das Leichte und das Schwere, auf die Energie, die zwischen beiden Polen oszilliert J und unser Denken und Leben bestimmt, auf diese überall verborgene Energie.

Über Kunst, Wahrheit, Individualität

Wenn der einzelne Mensch vergißt zu denken, wenn man die Wahrheit und seine eigene Verantwortlichkeit vergißt, i kommt es zur Katastrophe, in jeder Gesellschaft, in Ost oder West. Kreativität und Kunst stärken das Individuelle und darauf bestehe ich. Und das Schöne an visuellen Sprache ist, daß sie keine Schubladen, keine Sprachbehinderungen kennt, keine Grenzen aus Stacheldraht und mit Schlagbäumen. Man ist überall auf der Welt mit ähnlichen Gefühlen unterwegs und es ist wichtig, wie man etwas sieht, daß man etwas sieht und mit welcher Partizipation. Dabei sind sinnliches Erleben, Vernunft und Logik eine Einheit, mit der wir gut umgehen müssen und ich glaube, die Sensibilität dafür wird wachsen.

Über ein Festival der Frauen, Frauen, die hauen und Männer, die nähen

Ich muß eine Sache deutlich sagen: Ich bin keine Feministin. Vielleicht hat das hier seine Berechtigung, aber ich komme aus einer anderen Gesellschaft, ich bin in der Tschechoslowakei aufgewachsen. Da war es keine Seltenheit, daß eine Frau Bildhauerin ist. Ich mache keine Frauenkunst, ich weiß nicht, was das bedeutet. Ich bin hier, weil dies eine tolle Möglichkeit ist und ich gute Arbeitsbedingungen gefunden habe. Ich bin eine Frau, kein Mann, das ist alles. Mein Kollege in Prag hat seine Skulpturen genäht und ich habe sie gehauen. Ich will zwisschen Sensibilitäten von Männern und Frauen nicht unterscheiden. Es ist eine Frechheit, Kunst von Frauen „Frauenkunst“ zu nennen. „Männerkunst“ klingt genauso dumm. Es geht nur darum, ob die künstlerische Aussage etwas Neues bringt oder nicht.

Über Kindergesang im Osten und viereckige Tomaten im Westen

Quadratische Tomaten sehen schön aus. Man kann darüber lachen. In der Tschechoslowakei begann für uns jeder Schultag in der zweiten Klasse mit einem Lied, in dem es hieß: „Auf unseren Befehl wird’s regnen, wird der Wind laut Befehl wehen, … riesige Tomaten reifen, rot wie unsere neue Welt!“ Dann schien trotzdem die Sonne und es gab nie Tomaten. Das ist alles.

Mit Magdalena Jetelová sprach Peter Homann

Jetelova - Titel ART 9, 1988
Jetelova - Titel ART 9, 1988